Dem Global Offshore Wind Report 2022 des Global Wind Energy Councils (GWEC) zufolge gingen im Jahr 2021 Windenergieanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von 21,1 GW ans Netz. Das ist ein Branchenrekord und das dreifache der Vergleichszahl von 2020. Damit verfügte die Welt zu Jahresende über eine Offshore-Kapazität von 56GW. Das sind sieben Prozent der installierten Windenergie-Gesamtkapazität.
„Diese Entwicklung möchten wir auch auf der WindEnergy Hamburg abbilden und weiter unterstützen. Wir erwarten mehr als 1.350 Aussteller aus aller Welt, von denen etwa 45 Prozent Produkte oder Services für Windparks auf dem Meer im Angebot haben. Das Spektrum umfasst die gesamte Wertschöpfungskette und reicht von der Planung/Projektierung und Finanzierung/Versicherung über die Produktion, den Anlagentransport und die Errichtung mit Spezialschiffen, die Netzanbindung bis hin zum Betrieb und Wartung von Offshore-Windparks“, sagt Andreas Arnheim, Projektleiter der WindEnergy Hamburg.
GWEC rechnet mit einem Zubau an neuer Offshore-Kapazität von über 315 GW bis 2031, sodass
dann weltweit eine installierte Kapazität von 370 GW zur Verfügung stehen wird. 29 Prozent dieses Zubau-Volumens sollen bereits 2026 in Betrieb sein. Im Bereich der schwimmenden
Windenergieanlagen gehen die derzeitigen Prognosen von einem Gesamtbestand von 18,9 GW
bis 2030 aus, wovon sich 11 GW in europäischen Gewässern, 5,5 GW in Asien und der Rest in
Nordamerika befinden werden.
Unter Umständen muss die GWEC-Prognose für die kommenden zehn Jahre bald erheblich nach
oben korrigiert werden, denn infolge der russischen Invasion in die Ukraine sind in Europa und auch anderswo umfassende Maßnahmen zur Umstrukturierung der Energieversorgung in Vorbereitung. Die EU strebt eine vollständige Unabhängigkeit von russischen Erdöl- und Erdgasimporten an. Die noch fehlende Infrastruktur soll in erheblichem Umfang durch den beschleunigten Ausbau neuer Offshore-Windfarmen geschaffen werden. Wind würde dann einen erheblich höheren Anteil an sauberer Energie erzeugen, die teils als Strom, teils als Wasserstoff nach dem Power-to-X-Verfahren bereitgestellt würde. Wasserstoff kann in weiteren Umwandlungsprozessen zu schiffstauglichen Kraftstoffen wie E-Ammoniak und E-Methanol synthetisiert werden.
Um diese Herausforderungen schnell und entschlossen zu bewältigen, müssen Regierungen und die Industrie massive Anstrengungen unternehmen. Daraus ergeben sich für die kommenden Jahre zahlreiche Möglichkeiten für unterschiedlichste Aussteller, auf der WindEnergy Hamburg geeignete Produkte und Dienstleistungen zu zeigen.
Lieferanten von Windturbinen
Windturbinen sind das zentrale Segment des Windmarkts. Führende Anbieter sind auf der WindEnergy Hamburg vertreten. Sie alle werden ihre neuesten „Flaggschiffe“ im Bereich von 13- 16 MW und darüber vorstellen und den Messebesuchern erklären, warum sie mittelschnell laufendende Anlagen mit Getriebe oder Windturbinen mit Direktantrieb bevorzugen. Darüber hinaus wird es Angebote für die Anbindung an Power-to-X-Systeme und Informationen über weitere Anlagenmerkmale sowie die jeweiligen Zukunftspläne geben. In diesem Jahr werden voraussichtlich mehrere Prototypen mit Nennleistungen von 14-16 MW und Rotordurchmessern von 236-242 m installiert werden.
Trends bei Antriebssträngen und Rotorblättern
Das deutsche Ingenieurdienstleistungsunternehmen AEROVIDE hat seit 1983 27 komplette Windturbinen konstruiert, darunter das bahnbrechende 5-MW-Design Multibrid® in den 1990ern. Derzeit ist das auf der WindEnergy Hamburg ausstellende Unternehmen an vier internationalen 10- MW-Turbinenentwicklungsprojekten beteiligt, darunter zwei mittelschnelle Anlagen mit Getriebe und zwei Anlagen mit Direktantrieb.
Die etablierten Windturbinen-Getriebehersteller ZF Wind Power und Flender (Winergy) verlagern ihre Schwerpunkte und expandieren in den Bereich der (Co-) Entwicklung und Fertigung teil- und vollintegrierter Getriebe-Antriebsstränge. Die Verwendung von Gleitlagern in Getrieben ist heute Stand der Technik und hat zur Steigerung der Drehmomentdichte von Getrieben auf derzeit über 200 Nm/kg beigetragen.
Das Fraunhofer IWES wird diesen Sommer seinen neuen Prüfstand für Rotorblätter mit Längen von über 120 m in Betrieb nehmen. Der erste Kunde, Vestas, wird ein 115,5 m-Rotorblatt für die Windturbine V236-15.0 MW testen lassen. Der Längenrekord bei Rotorblättern liegt derzeit bei ca. 118 m. Vorläufiger Rekordinhaber ist das Ming Yang MySE16-242, wobei informierte Kreise bereits von Windturbinengrößen im Bereich von 17-18 MW mit Rotordurchmessern von 270 m und darüber sprechen.
Hubschiffe für 20 MW+-Windturbinen und Schiffsmaschinen für E-Kraftstoffe
Angesichts dieser Entwicklung bestellen führende internationale Offshore- Installationsunternehmen bereits Installationsschiffe für die nächste Windturbinengeneration mit Größen von 20 MW und darüber. Diese Schiffe werden über leistungsstarke Krane für die entsprechenden Gründungen, Gondeln und Rotordurchmesser verfügen. So bestellte das niederländische Unternehmen Van Oord, einer der Marktführer im Offshorebereich, Ende 2021 ein Jack-up-Schiff, mit dem sich Windturbinen bis 20 MW installieren lassen.
Neu sind dabei die für E-Methanol geeigneten Maschinen, weshalb Van Oord künftig mit einem sehr kleinen CO2-Fußabdruck arbeiten kann. Das Schiff soll 2024 in Betrieb gehen. Van Oord bietet mit seiner Flotte von Spezialschiffen und -ausrüstung auch ergänzende Offshore- Dienstleistungen wie Baugrund-Ertüchtigung, Kabelverlegung und Kolkschutz sowie den Bau von Monopile- und Jacket-Fundamenten an. Das in Rotterdam ansässige Unternehmen war auch an der Entwicklung und Vorführung der weltweit ersten Unterwasser-Steckverbindung beteiligt, einem innovativen Verfahren zur Verbindung konischer Monopile-Fundamentabschnitte ohne Zementierung oder Verschraubung.
„Die WindEnergy Hamburg bietet Van Oord eine ausgezeichnete Möglichkeit, Industrie-Partnern aus aller Welt zu begegnen. Insbesondere der Austausch und das Netzwerken haben sich als sehr wertvolle Aspekte erwiesen. Nordwesteuropa ist der größte Offshore-Windenergiemarkt; deshalb ist Hamburg für uns und unsere Experten ein perfekter Standort für dieses Event,“ sagt Geschäftsführer Arnoud Kuis
Feeder-Lösung für die USA
Das belgische Unternehmen DEME Offshore und das in Rotterdam beheimatete Unternehmen Barge Master führen eine Hightech-Feeder-Lösung für Offshore-Windfarmen in den USA ein. Das Konzept erfüllt die Anforderungen des Jones Act, der ausländischen Unternehmen und Schiffen den Transport von Gütern und Passagieren zwischen US-Häfen untersagt. In enger Zusammenarbeit entwickeln die beiden Aussteller eine integrierte Bewegungs-kompensationstechnologie, die in einem innovativen Feederkonzept für das Projekt Vineyard Wind 1 zum Einsatz kommen soll. Vineyard Wind 1 ist das erste kommerzielle Offshore- Windparkprojekt der USA. Die integrierte Hightech-Lösung soll den Transport von Windturbinenkomponenten von US-Häfen zu den Offshore-Installationsschiffen von DEME ermöglichen. Nach der Ankunft am Installationsschiff sorgt das Bewegungskompensationssystem von Barge Master für sicheren Kranbetrieb und effiziente Arbeitsabläufe.
„Durch die Nutzung bewährter Technologie liefern wir die wettbewerbsfähigste Feeder-Lösung, die der Markt zu bieten hat. Die Kombination unserer bewegungskompensierten Feeder-Plattformen mit verfügbarer US-amerikanischer Technik macht aus normalen Bargen Hightech-Feeder- Lösungen, und das zu niedrigeren Investitions- und Betriebskosten als bei anderen Konzepten. Nach unserer Überzeugung ist diese Feeder-Lösung perfekt für den heutigen und zukünftigen US- Offshore-Windmarkt geeignet,“ so der Geschäftsführer von Barge Master, Martijn Koppert. Er freut sich darauf, mit Messebesuchern in Hamburg auch Einsatzmöglichkeiten für die Bewegungskompensationstechnologie seines Unternehmens bei schwimmenden Windturbinen- Plattformen zu besprechen, von der Installationsvorbereitung bis zu Betrieb und Wartung – hierfür sei bisher noch keine ideale Lösung gefunden worden.
Vertäuung und Überwachung schwimmender Windturbinen
Der niederländische Anbieter Vryhof beliefert seit 2009 Entwickler schwimmender Windturbinen mit Vertäuungssystemen. Das erste Projekt war das Statoil-Demoprojekt Hywind, ein 2.3-MW-Prototyp des Spar-Typs. Ein Jahr später folgte der 2-MW-Halbtaucher-Prototyp WindFloat von Principle Power. Vryhof wird auf der WindEnergy Hamburg zwei wichtige Innovationen vorstellen; beide Lösungen wurden bereits im Rahmen eines Demonstrationsprojekts von Stiesdal Offshore Technologies vorgeführt, als im Dezember 2021 eine schwimmende TetraSpar-Windturbine in voller Größe vor der norwegischen Küste in Betrieb genommen wurde. Der STEVADJUSTER ist eine innovative, kostengünstige, zeitsparende Lösung zur Anpassung der Kettenspannung, zur Vorspannung von Vertäuungen und zur einfachen Befestigung bzw. Trennung von Ankerketten.4 DELTRACKER ist der Name der Standalone-Software von Vryhof zur Lebenszyklus- und Nutzungsprotokollierung von Vertäuungskomponenten auf Einzelteil- bzw. Einzelkettenbasis.
Neil Schulz, Direktor Geschäftsentwicklung bei Vryhof, kommentiert: „Die rapide zunehmende Nachfrage nach erneuerbarer Energieerzeugung auf See verlangt nach neuen Lösungen. Vryhof setzt auf die massenhafte Installation schwimmender Windenergieanlagen und möchte die Branche bei der Kommerzialisierung der Konzepte unterstützen. Für uns ist die WindEnergy Hamburg eine der wichtigsten Gelegenheiten, die Erfahrungen, die wir in jüngster Zeit mit STEVADJUSTER und DELTRACKER gesammelt haben, an potenzielle und Bestandskunden weiterzugeben.“
Sicherer Personentransfer
Der sichere Transfer von Technikern von Shuttles (Crew Transfer Vessels) zu Offshore-Turbinen ist ein zentrales Anliegen der Branche. Die Lösungsangebote reichen von bewegungskompensierten Gangways von Ampelmann bis zu Korb-Transfersystemen. Der dänische Anbieter von Schwenkkranen Seasight Davits stellt in Hamburg seine Innovation „Spider“ vor. Diese Erweiterung des auf zahlreichen Offshore-Windturbinenplattformen montierten Schwenkkrans von Seasight Davits kann zum Transfer sowohl von Ladung als auch von Personen mit Hilfe eines Transportkorbs genutzt werden. Mittels einer Fernsteuerung kann der Bediener den Kran vom Schiff aus aktivieren, während sich dieses dem Fundament der Windturbine nähert.
Text: Hamburg Messe und Congress GmbH