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73 Prozent der Mieter würden lieber im Eigentum wohnen

by Redaktion

Durch die Umnutzung von Büroflächen könnten bis 2035 etwa 235.000 neue Wohnungen im innerstädtischen Bereich entstehen. Gleichzeitig bietet sich im ländlichen Raum das Potenzial von jährlich 15.000 zusätzlichen Eigentumswohnungen durch die Wiedernutzung leerstehender Gebäude. Das ist das Ergebnis zweier aktueller Studien, durchgeführt von der ARGE Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen und dem Eduard Pestel Institut. Die Studien im Auftrag des „Verbändebündnis Wohneigentum“ wurden heute den Mitgliedern des Deutschen Bundestags vorgelegt.

Umnutzung ist günstiger und klimaschonender als Neubau

Laut dem Kurzgutachten „Redevelopment – Wohneigentum 2021“ der ARGE Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. sind viele Büro- und Gewerbeflächen wegen Home Office und innerstädtischen Leerstands derzeit ungenutzt. Allein durch ihre Umnutzung könnten etwa 235.000 zusätzliche Wohnungen in Innenstädten entstehen, was sich am Wohnungsmarkt stark preisdämpfend auswirken würde.

Der Klimaschutzeffekt der Umnutzung betrüge bis zu 9,2 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr, was der Vollmodernisierung von 3,4 Millionen Wohnungen entspricht. Auch ist der Umbau von Büroflächen etwa zwei Drittel günstiger als der Wohnungsneubau. Eine Sonder-AfA könnte laut Gutachten Anreize zur Umnutzung für Eigentümer von Gewerbeimmobilien schaffen.

Michael Hölker, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel e. V. (BDB), leitet aus den Studienergebnissen einen klaren Auftrag an den Gesetzgeber ab: „Wer klimaschonend mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen will, sollte nicht in erster Linie auf teuren Neubau setzen. Das Bauordnungs- und Planungsrecht sollte schnellstens in diese Richtung angepasst werden. Bei Förderprogrammen muss gelten: Umbau vor Neubau.“

Dort, wo noch Neubauflächen notwendig werden, ist dies an Kriterien der Nachhaltigkeit zuknüpfen, sagt Barbara Schlesinger, Referatsleiterin Architektur und Bautechnik bei der Bundesarchitektenkammer e. V. (BAK): „Durch die Umnutzung von Büroflächen, innerörtliche Verdichtung und Aufstockung von Gebäuden kann der knappe Platz in vielen Ballungsräumen bestmöglich genutzt werden. Die Vergabe von Bauflächen in der Innenstadt sollte an flächensparende und nutzungsflexible Bauformen geknüpft sein.“

Nutzung leerstehender Bestandsgebäude auf dem Land entlastet Ballungsräume

Im zweiten am heutigen Tag vorgestellten Kurzgutachten „Chancen der Wohneigentumsbildung durch die Umnutzung von Büroflächen und den Wiederbezug von Wohnungen im ländlichen Raum“, erstellt durch das Eduard Pestel Institut, werden unter anderem Chancen für mehr selbst genutztes Wohneigentum in ländlichen Regionen durch die Wiedernutzung un- oder untergenutzter Wohngebäude deutlich. 15.000 Wohneinheiten könnten so jährlich geschaffen werden.

Hierzu erklärt Dr. Ronald Rast, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau e. V. (DGfM): „Insbesondere für junge Familien ist ein Umzug aufs Land durch die Möglichkeiten des Home Office attraktiv. Ihnen bietet sich eine große Chance, zu angemessenen Konditionen Wohneigentum zu erwerben. Die Übernahme leerstehender Bestandsgebäude ist deswegen mindestens so förderungswürdig wie der Erwerb eines Neubaus.“

Wer dank Home Office nicht mehr in unmittelbarer Nähe zum Arbeitsplatz wohnen muss, entlastet Wohnungsmärkte und Infrastruktur der Ballungszentren und sorgt gleichzeitig für eine Stärkung des ländlichen Raums, so ein weiteres Ergebnis des Gutachtens. Carolin Hegenbarth, Bundesgeschäftsführerin des Immobilienverbands Deutschland IVD e. V., fordert daher steuerliche Anpassungen für Arbeitnehmer: „Will man die Arbeit von zu Hause fördern, um den Pendelverkehr zu verringern, muss auch das Einkommensteuergesetz geändert werden. Die Kosten für Home Office sollten einfacher und konsequenter steuerlich geltend gemacht werden können.“

Selbst genutztes Wohneigentum für alle Einkommensgruppen zugänglich machen

Laut Gutachten des Eduard Pestel Instituts finden sich in vielen Klein- und Mittelstädten bereits jetzt Häuser und Wohnungen, die auch für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen finanzierbar sind. Dies gilt jedoch bei Weitem nicht für alle Regionen des Landes.

Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Privater Bauherren e. V. (VPB), plädiert daher für eine zielgerichtete Eigentumsförderung: „Selbst genutztes Wohneigentum ist in Deutschland zu häufig denjenigen vorbehalten, die aus dem Elternhaus Unterstützung für das Eigenkapital erhalten. Damit dürfen wir uns nicht abfinden, zumal 73 Prozent der Mieter lieber im Eigentum leben würden. Wohneigentum sorgt für mehr Unabhängigkeit des Einzelnen vom Staat und ist eine exzellente Form der Altersvorsorge.“

Um Wohneigentum möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen, schlägt der Verband zielgruppenspezifische Maßnahmen vor. Hierzu zählen etwa ein Bürgschaftsprogramm in Höhe von mindestens 20 Prozent der Erwerbskosten, Kreditprogramme für kleines Wohneigentum mit langfristiger Zinsbindung sowie Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer. Letztere sollten an Voraussetzungen wie Einkommenshöhe und angemessene Wohnungsgrößen gebunden sein.

Text: BAK – Bundesgemeinschaft der Architektenkammern, Körperschaften des Öffentlichen Rechts e.V.

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