Im Software-Bereich setzen die Systementwickler gegenwärtig verstärkt auf Integration von Künstlicher Intelligenz (KI). Auf der LogiMAT 2024 zeigen sie mit ihren Neuvorstellungen, wie mit KI-Algorithmen große Datenmengen analysiert und Muster aufgezeigt werden, um Schwachstellen und Engpässe zu optimieren. KI-gestützte Simulationsmodelle und Datenanalysen steigern die Qualität von Vorhersagen über Auftragslasten im Materialfluss, unterstützen eine optimale Anlagendimensionierung bereits vor Inbetriebnahme und verbessern Anlagenperformance und Ressourcenplanung bestehender Anlagen in Echtzeit.
In Standort- und Transportlogistik wird jetzt analysiert! Anders als in den vergangenen Jahren, zeigen die Softwareunternehmen mit den auf der LogiMAT 2024 präsentierten Exponaten eine weniger weit- als eher tiefgreifende Entwicklungstendenz. Sie betrachten ihr Angebot zur Vernetzung der Softwaresysteme in der IT-Landschaft der Unternehmen offenbar als weitgehend abgeschlossen. Suiten und App-Plattformen, die etwa frei konfigurierbare WMS- und TMS-Module umfassen und Optionen für die direkte (An-)Steuerung der intralogistischen Automatisierungssysteme bieten, bilden diesbezüglich die letzten Tendenzen ab. Auch solche sind auf der LogiMAT 2024 zu sehen. Als Treiber der aktuellen Entwicklungen fungiert in nahezu allen intralogistischen IT-Bereichen gegenwärtig allerdings vornehmlich Künstliche Intelligenz (KI). Die Einbindung von KI erschließt den bewährten Systemen und ihren Nutzern neue Optionen. Der damit realisierte Trend: Die weiterführende Auswertung vorhandener Daten durch KI-Algorithmen soll die Prozesse weiter automatisieren und die Effizienz steigern. Denn moderne Softwaresysteme fungieren als zentrale Drehscheiben, die verschiedenste Drittsysteme, Maschinen und Endgeräte miteinander vernetzen und deren digitalisierten Performance-Daten im Zugriff haben. Sie bieten einen Überblick über alle relevanten Geschäftsprozesse und -kennzahlen (KPI). „Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass die Softwareentwickler die mittlerweile extrem hohen Rechengeschwindigkeiten und Speicherkapazitäten nutzen und speziell programmierte KI-Algorithmen in ihre Software integrieren, um Daten zu analysieren, Transparenz zu steigern und eventuelle Verbesserungen abzuleiten“, urteilt Messeleiter Michael Ruchty vom Münchener Messeveranstalter EUROEXPO Messe- und Kongress-GmbH. „In Halle 8 auf dem Stuttgarter Messegelände zeigt das Gros der Softwareunternehmen insbesondere die vielseitige funktionelle Anwendungspalette, die sie ihren Kunden mit den jüngst entwickelten, KI-basierten Software-Applikationen bieten.“
Optimierung von Routen, Bestandsverwaltung und Bedarfsvorhersagen
Die komplexen dynamischen Prozesse moderner (Intra-)Logistik sind von intelligenten Softwaresystemen geprägt. Enterprise Resource Planning (ERP) und Warenwirtschaftssysteme (WWS), Warehouse Management Systeme (WMS), Transport Management Systeme (TMS) und Software für das Customer Relationship Management (CRM) sichern reibungslose Abläufe in den Lieferketten. Dabei generiert die Logistikwirtschaft enorme Datenmengen. Mit KI-Algorithmen lassen sich diese Daten in rasanter Geschwindigkeit tiefgreifend analysieren. In Echtzeit identifizieren sie Muster und komplexe Wirkungszusammenhänge und liefern Ergebnisse für belastbare Aussagen beispielsweise zur Optimierung von Routen, über die Bestandsverwaltung oder für Bedarfsvorhersagen, um fundierte strategische Entscheidungen zu treffen. Software mit Simulationsszenarien unterstützt die bedarfsgerechte Ausstattung und Materialflussplanung für Logistikzentren oder die Standort- und Netzplanung für eine effiziente Supply Chain. In diesem Umfeld bewegen sich die verbesserten Systeme, neue Applikationen und Automatisierungsmöglichkeiten für intelligentes Datenmanagement, die die Aussteller der Software-Branche unter dem Messemotto „SHAPING CHANGE TOGETHER – Sustainability – AI – Ergonomics“ auf der LogiMAT 2024 vorstellen.
Im Rahmen der Datenanalyse zur besseren Anlagenperformance und der Planung optimaler Anlagen oder Erweiterungen in der Intralogistik – bereits vor Inbetriebnahme – bieten Simulationen die Grundlagen für optimalen Zuschnitt und kurze Realisierungszeiten. In Halle 8 zeigen mehrere Aussteller neueste Versionen von Systemen, Modulen und Applikationen zur Simulation, virtuellen Inbetriebnahme und die Erstellung Digitaler Zwillinge von Produktions- und Logistikprozessen. Über die Unternehmensgrenzen hinaus sollen sich damit auch dynamische Wechselwirkungen von Änderungen in der Lieferkette unter Berücksichtigung wichtiger Kennzahlen wie Bestände, Transportzeiten und CO2-Fußabdruck ermitteln und vergleichend gegenüberstellen lassen. Zudem wird ein ERP-System mit unternehmensweitem Datenfluss in Echtzeit als „Single-Point-of-Truth” vorgestellt. Es führt von Beschaffungsmanagement über Lagerdaten, Distribution und Lagerorganisation bis hin zur Service- und Produktionslogistik sämtliche logistikrelevanten Unternehmensdaten in einem Datenmodell zusammen. Damit sollen diese in ihrer Gesamtheit inklusive Ursache-Wirkungs-Zusammenhang ohne Medienbrüche analysiert und ausgewertet werden können.
Mit KI-Analysen Kommissionierprozesse um mehr als 20 Prozent steigern
Im WMS-Bereich werden unter anderem voll konfigurierbare Systeme, neueste Versionen cloudbasierter Lagerverwaltungssysteme mit Bestandsabgleich über mehrere Standorte und direkter Lagertechniksteuerung per Staplerterminal ohne Backend und Server präsentiert. Außerdem ein neuartiger Warehouse Control Tower für eine WMS-Suite. Der Tower soll Echtzeit-Analysen zur optimalen Steuerung und schnellen Anpassung an sich ändernde Anforderungen ermöglichen. Zudem wird eine neue, auf KI basierende IT-Plattform gezeigt, die WMS-unterstützte Logistikprozesse analysiert und auf dieser Grundlage beispielsweise die Effizienz der Kommissionierprozesse um mehr als 20 Prozent steigern können soll.
Daneben bestätigen die Softwareunternehmen den Trend zu einem zunehmenden Einsatz von generativer KI, ChatGPT, in realen Anwendungen. Ihre Einbindung kann mehr Aufgaben digitalisieren und automatisieren sowie Mitarbeitende von Routinetätigkeiten entlasten. So sollen die intelligenten Chatbots durch personalisierte Benutzererfahrungen und intuitive Schnittstellen die Benutzerfreundlichkeit der Systemanwendungen steigern. Mit Integration von ChatGPT in die KI-basierte Logistikplattform will ein Aussteller unter anderem Anfragen zu Lieferstatus und Produktverfügbarkeit, die in natürlicher Sprache formuliert werden, nach Top-Sellern filtern und individuelle Lagerberichte erstellen lassen. Die KI soll Mitarbeiter zudem durch interaktive Chatdialoge in der Prozessbedienung unterstützen. An einem anderen Stand wird demonstriert, wie auch User ohne technischen Background durch Integration von ChatGPT in ein kombiniertes Transport- und Dokumenten-Management-System (TDMS) beliebige Geschäftsregeln zur innerbetrieblichen Prozessautomatisierung direkt dort einbinden können.
Für weitere innerbetriebliche Vernetzung sollen KI-Algorithmen in einem Warehouse Execution System sorgen. Ein digitaler Zwilling bildet in Echtzeit alle Lagerbewegungen ab. Stapler transportieren dabei nicht nur Waren, sondern übermitteln auch deren Daten. Die Integration von KI-Technologien dient einer dynamischen Verteilung der Transportaufträge und optimierten Gesamtleistung des Lagers. Mit digitalen Zwillingsalgorithmen und Real Time Location soll das Warehouse Execution System manuelle und autonome Fahrzeuge koordiniert steuern, um die Effizienz und Flexibilität zu steigern. Eine andere Neuheit fokussiert das Lagersystem AutoStore. Dabei ist in eine Lagerverwaltungssoftware ein sogenannter AutoStore-Connector integriert. Er nimmt die Transportaufträge vom Lagerverwaltungssystem entgegen, teilt sie auf und gibt sie dann an die angebundenen Automatikkomponenten weiter. Die abzuwickelnden Transporte werden unter Berücksichtigung von Auslastungen und manuellen Eingriffen koordiniert und gesteuert. Darüber hinaus sind unter anderem neu entwickelte Systeme zum effizienten Management von Arbeitsabläufen, ein neues Modul zur Nachhaltigkeitsbewertung und einfachen Erstellung von Mietmodellen für eigene Ladungsträger in einer Software zur Automatisierung von Ladungsträgerbuchung und -verfolgung zu sehen. Außerdem ein Converter, der veraltete SAP-Anwendungen automatisch in eine modere und nutzerfreundliche App transformiert.
TMS und Supply Chain Engineering
Über Intralogistik hinaus setzen die Entwickler auf KI, um resilientere und effizientere Transporte und Lieferketten zu gestalten und eine durchgängig vernetzte, kollaborative Supply Chain mit Echzeit-Performance-Daten zu unterstützen. Transport Management Systeme werden um Dokumentenmanagement-Software erweitert, um Frachtdokumente effizient zu scannen, sicher zu digitalisieren und auf schnellen Zugriff auszulegen. KPI-gesteuertes Dispositions-Management und Tourenplanung mit cloudbasierter, grafischer Hallenscannung fördern die präzise Stückgutabwicklung. Ein neues integriertes System aus TMS, Telematik und Fahrer-App soll mit erweiterter Einbindung von fahrzeug-, fahrer- und tourenbezogenen Informationen in Echtzeit Zeitverluste durch unnötige Standzeiten und Umwege vermeiden. Eine weitere KI-basierte TMS-Neuheit für Tourenoptimierung und -planung wird komplett aus der Cloud angeboten. Mithilfe von KI erfasst das System die Vorgaben des menschlichen Disponenten, führt Planungsoperationen im Millisekundenbereich durch, optimiert die Vorgaben und legt gute Ergebnisse für künftige Berechnungen in seinem Speicher ab. Darüber hinaus wird unter anderem die neue Version eines ebenfalls vollständig aus der Cloud verfügbaren Transportleitstands für automatisierte Tourenplanung und präzisere Vorausberechnung von Ankunftszeiten (ETA) vorgestellt. Der Leitstand kann mit einem AddOn-Dashboard-Modul für transparentes Reporting geführt werden.
Weitere Neuvorstellungen zielen auf KI-basiertes Supply Chain Engineering etwa mit Echtzeit-Digitalisierung durch Digitale Zwillinge. Nahezu auf Knopfdruck soll der KI-Algorithmus optimale Lösungen berechnen, wenn es darum geht, ein Liefergebiet mit mehreren Standorten abzudecken, die bestmöglich miteinander interagieren. Wahlweise können dabei Aufträge, Gewicht, Volumen oder Stückzahl als Berechnungsgrundlage herangezogen werden. Mit einem interaktiven Szenario-Manager können alle Szenarien verglichen und bewertet werden. Zudem können die Fachbesucher ein cloudbasiertes Tool kennenlernen, das die Transparenz in der Lieferkette steigern und Verwaltung, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Supply Chain verbessern soll. Ein weiteres Exponat mit Supply Chain Network Design soll Anwender anhand zentraler Kriterien bei Lieferantenbewertungen und Sourcing-Strategien unterstützen. Auf Anwendungen in kleineren und mittelständischen Unternehmen (KMU) zielt eine Predictive Planning Suite, die als Plattform für Supply Chain Planung mit KI- und Machine Learning-basierten Funktionalitäten in den Bereichen Bestandsmanagement, Bedarfs- und Produktionsplanung, Forecasting sowie Sales and Operations Planning (S&OP) bietet. Mit den Weiterentwicklungen soll die Suite die Planung und Steuerung der Supply Chain optimieren und präzise Vorhersagen zukünftiger Bestands- und Materialbedarfe bieten.
„Die jüngsten Lösungsansätze, die die Softwareentwickler auf der diesjährigen LogiMAT zeigen, veranschaulichen einerseits die große Bandbreite, mit der IT-Systeme das Warehouse-, Transport- und Supply Chain Management prägen“, resümiert Messeleiter Ruchty. „Andererseits belegen die aktuellen Neuentwicklungen, wie schnell und zielführend die Softwareunternehmen Technologieentwicklungen wie etwa die KI in ihre Produkte einbinden, um den Nutzern durch tiefgreifende Analysen und Echtzeitreaktionen weitere Optimierungsoptionen für bessere Performance zu erschließen. Angesichts der rasanten Entwicklungssprünge in den flankierenden Technologien, werden wir in diesem Bereich in den kommenden Jahren noch einige spannende neue Trends erleben. Die sind dann Thema künftiger LogiMAT-Veranstaltungen.“
Text: EUROEXPO Messe- und Kongress-GmbH