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Sortimentswechsel: Lösungsansatz in der Krise? Entscheidung gut begründen!

by Redaktion

Die Entscheidung des Emmendinger Modehauses Blum-Jundt, sein Sortiment über einen „Klopapier-Flagship-Store“ um lebensnotwenige Güter zu erweitern und damit auf reduzierter Fläche auch während des Lockdowns weiterhin Mode verkaufen zu können, hat großes Interesse in der Branche und in den Medien ausgelöst. Da die Ministerpräsidenten-Konferenz am Montag den Lockdown bis mindestens 18. April verlängert hat, wollen zahlreiche Modehändler dieses Konzept kurzfristig adaptieren.

Ob die Sortimentsumstellung betriebswirtschaftlich Sinn macht, hängt sicher auch von der Geschäftsgröße ab. Je größer die Verkaufsfläche ist, desto schwieriger dürften die neuen Sortimente zu organisieren sein. Blum-Jundt hat deshalb seine erste Etage komplett geschlossen. Außerdem sollte man sich vorher bei seinem Einzelhandelsverband nach den genauen Bestimmungen in den Verordnungen bezüglich des Geschäftsschwerpunktes erkundigen, da diese nicht in allen Bundesländern identisch sind.

Grundsätzlich ist es jedem Unternehmer im Rahmen der Berufsfreiheit freigestellt, sein Sortiment jederzeit und in jede Richtung (kurzfristig) zu verändern, soweit dies an seinem Standort oder im Mietvertrag oder auch im Baurecht nicht anderweitig reglementiert ist. In einer besonderen Fallkonstellation wie bei Blum-Jundt, die eine vorher nicht erlaubte Ladenöffnung ermöglichst, muss man seine Entscheidung jedoch sehr gut begründen und vorbereiten. Es darf bei den Aufsichtsbehörden nicht der Eindruck entstehen, die Sortimentsumstellung diene vor allem der Umgehung der Geschäftsschließung (Umgehungstatbestand). Zwei Argumente dürften bei der Begründung besonders wichtig sein:

1. Die Dauer der aktuellen Einschränkungen ist nicht absehbar. Es gibt keinerlei Sicherheit, dass bis zum Sommer die Geschäfte wieder unbegrenzt öffnen können. Manche Forscher und Politiker warnen bereits vor weiteren Mutationen oder einer „Dauerwelle“, vor denen auch die aktuellen Impfungen nicht schützen. Beschwichtigende Prognosen und Aussagen der Politik waren bislang durchweg zu optimistisch. Beispielhaft zu nennen ist hier die Aussage von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von September 2020, wonach man „mit dem Wissen von heute die Läden nicht mehr schließen würde.“

2. Das Geschäft mit Bekleidung und Schuhen leidet besonders unter den Schließungen, da die im Lockdown verlorenen Umsätze durch den saisonalen Modewandel und Bedarfswechsel im Gegensatz zu anderen Branchen nicht oder kaum aufgeholt werden können. Als Folge ist laut BTE-KompetenzPartner hachmeister+partner z.B. die Rendite in größeren Modegeschäften in 2020 auf rund -4 Prozent eingebrochen, laut BBE Handelsberatung sind kleine und mittlere Mode- und Schuhgeschäfte ähnlich stark in die roten Zahlen gerutscht. Für 2021 rechnet h+p durch den deutlich längeren Lockdown mit einer weiteren dramatischen Verschlechterung, die viele Unternehmen in noch größere Schwierigkeiten bringen dürfte.

BTE-Fazit: Angesichts dieser Rahmenbedingungen muss sich jeder Unternehmer intensiv mit der Frage beschäftigen, ob der (alleinige) Verkauf von Bekleidung und Textilien die Existenz seines Geschäftes und der damit verbundenen Arbeitsplätze künftig noch sichern kann. Speziell bei hohen Verlusten und geringer Eigenkapitalausstattung sind geeignete Gegenmaßnahmen, wie z.B. Sortimentsänderungen, welche die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens sichern, zwingend erforderlich!

BTE-Tipp: Zur Glaubhaftmachung der Sortimentsumstellung empfiehlt sich die Ausarbeitung eines entsprechenden Businessplans. In diesem Zusammenhang denkbar sind z.B. Kooperationen mit örtlichen Unternehmen und Versorgern mit „lebensnotwendigen“ Gütern wie Bauern oder Winzern.

Hinweis: Der BTE wird in Kooperation mit dem Handelsverband Baden-Württemberg ein juristisches Kurzgutachten in Auftrag gegeben, dass die Freiheit jedes Unternehmers belegt, frei und kurzfristig über sein Sortiment entscheiden zu können.

Text: Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels e.V. (BTE)

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