- Finanzierungsklima noch unter dem Niveau der Vorkrisenjahre
- Kreditnachfrage rückläufig
- Corona-Pandemie hat den Trend zur Digitalisierung der Kontakte zwischen Unternehmen und Banken beschleunigt
- Thema Nachhaltigkeit gewinnt bei Unternehmen an Bedeutung
Das Finanzierungsklima für die Unternehmen und Betriebe in Deutschland, das heißt der Zugang zu Krediten, hat sich im Frühjahr gegenüber dem vergangenen „Lockdown-Jahr“ etwas verbessert. 41% der befragten Firmen beurteilten den Zugang zu Krediten als leicht (Vorjahr: 35%); während rund 24% die Aufnahme eines Kredits als schwierig einschätzten, was rund 2% weniger sind als im Jahr zuvor. Trotz dieser leichten Aufhellung bleibt das Finanzierungsklima unter dem Niveau der Vorkrisenjahre. Je nach Wirtschaftszweig zeigen sich deutliche Unterschiede. Vor allem im Dienstleistungssektor und im Einzelhandel bleibt das Finanzierungsklima angespannt. So schätzten mehr als 40% der befragten Dienstleistungsunternehmen den Kreditzugang als problematisch ein, weniger als 24% empfanden ihn als leicht. Unternehmen des Einzelhandels, des Groß- und Außenhandels sowie des Verarbeitenden Gewerbes bewerten den Kreditzugang etwas positiver. Am geringsten waren die wahrgenommenen Hürden im Baubereich.
Zugleich ist die Kreditnachfrage zurückgegangen, nachdem sie zu Beginn der Pandemie aufgrund des erhöhten Liquiditätsbedarfs der Unternehmen und Betriebe deutlich zugenommen hatte. Nur noch rund 44% haben im Jahr 2021 Kreditverhandlungen geführt – fast ein Drittel weniger als im ersten Corona-Jahr 2020. Dies zeigen die Ergebnisse zur Finanzierungssituation der diesjährigen Unternehmensbefragung, die die KfW jährlich gemeinsam mit Spitzenverbänden sowie Fach- und Regionalverbänden der deutschen Wirtschaft durchführt.
Die Chefvolkwirtin der KfW, Dr. Fritzi Köhler-Geib, zu den Ergebnissen der Unternehmensbefragung 2022: „Nach einem deutlichen Einbruch in der Corona-Pandemie hat sich das Finanzierungsklima für Unternehmen und Betriebe bis zum Frühjahr dieses Jahres wieder verbessert. Der Ukrainekrieg und die Energiekrise stellen die Unternehmen jedoch vor neue Herausforderungen. Die schlechteren Konjunkturaussichten und die steigenden Zinsen zur Eindämmung der Inflation dürften sich perspektivisch negativ auf das Finanzierungsumfeld und den Kreditzugang der Unternehmen auswirken.“
Die Corona-Pandemie hat den Trend zur Digitalisierung der Kontakte zwischen Unternehmen und Banken beschleunigt. So gaben knapp 38% aller Unternehmen und Betriebe an, dass die Nutzung digitaler Kanäle wie E-Mail, Videotelefonie oder Chats seit Beginn der Corona-Krise im März 2020 zugenommen habe, 3.6% berichteten von einer Abnahme. Zugelegt hat auch die Nutzung des digitalen Online-Bankings sowie der telefonische Kontakt. Stark abgenommen hat hingegen der persönliche Kontakt sowie die Nutzung der Bankfiliale. Je kleiner die Unternehmen sind, desto häufiger gaben sie an, die Schnelligkeit und Einfachheit der Kommunikation habe seit Beginn der Corona-Pandemie abgenommen.
Köhler-Geib weiter: “Das Thema Nachhaltigkeit ist jetzt in der Breite der Unternehmen angekommen und hat sich dort durchgesetzt. So hat es für 57% der Unternehmen aktuell einen hohen oder sogar sehr hohen Stellenwert, mehr als drei Viertel erwarten dies für die kommenden drei bis fünf Jahre, und dies unabhängig von der Branche oder Größe.“ Als wichtigsten Grund, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit intensiver auseinanderzusetzen, geben drei Viertel aller befragten Unternehmen und Betriebe gesellschaftliche Verantwortung an. Kundenanforderungen, die Senkung von Betriebskosten und gesetzliche Vorgaben sind weitere wichtige Motive.
Nachhaltigkeitsaspekte spielen auch bei Kreditverhandlungen eine Rolle. Dies bestätigen 18% der befragten Unternehmen. Unter den Unternehmen mit mehr als 50 Mio. EUR Jahresumsätzen liegt der Anteil bereits bei 30%. Die größten Hemmnisse für ein stärkeres Nachhaltigkeitsengagement sind fehlende personelle Ressourcen und fehlende finanzielle Mittel.
Über die Unternehmensbefragung: Die Befragung wurde zum 21. Mal unter Unternehmen und Betrieben aller Größenklassen, Wirtschaftszweige, Rechtsformen und Regionen durchgeführt. An der Erhebung nahmen knapp 1.700 Unternehmen aus 17 Spitzen-, Fach- und Regionalverbänden der Wirtschaft teil. Sie erfolgte im Zeitraum zwischen Mitte Dezember 2021 und Mitte April 2022 und bildet im Wesentlichen die Situation und Stimmungslage im Jahr 2021 ab.
Text: KfW