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Wasserstoff für den Schienenverkehr: Expertise und Empfehlungen von VDI und VDE

by Redaktion

Der Ausbau des Schienenverkehrs ist ein zentraler Baustein zum Erreichen der Klimaziele. VDI und VDE haben dazu ein gemeinsames Impulspapier zur Rolle von Wasserstoff erstellt. Die Empfehlungen für wasserstoffbetriebene Züge wurden heute in einem Online-Pressegespräch ausgesprochen.

Der Schienenverkehr in Deutschland könnte mit Hilfe von grünem Wasserstoff einen weiteren Schritt in Richtung Klimaneutralität machen. VDI und VDE zeigen in einem gemeinsamen Impulspapier, wie vor allem mit Wasserstoffzügen auf den Einsatz von fossilen Energieträgern im Bahnverkehr verzichtet werden könnte. Ergänzend empfiehlt sich, Züge mit batteriebasierten Antriebssystemen einzusetzen, wie die Experten von VDI und VDE heute in einer virtuellen Pressekonferenz erläuterten.

Im Kampf gegen den Klimawandel will die Politik den Schienenverkehr in Deutschland weiter ausbauen. Die Züge sollen möglichst mit grünem Strom fahren und bis 2030 will die Regierung 75 Prozent des Schienennetzes elektrifizieren. Nach den Zahlen der Allianz pro Schiene für das Jahr 2021 werden bereits 90 Prozent der Verkehrsleistung im Schienenverkehr elektrisch erbracht, der Anteil des Dieselbetriebs liegt bei zehn Prozent. Den Bahnverkehr auf einem vollständig elektrifizierten Netz zu betreiben wäre nur mit hohem Aufwand und Kosten möglich und würde bei den aktuellen Planungs- und Ausbaukapazitäten zu lange dauern. Die Kosten für die Errichtung der Oberleitungsanlagen sowie notwendige Begleitmaßnahmen liegen laut DB Netz durchschnittlich bei mehr als 1,5 Millionen Euro pro Kilometer.

Batteriefahrzeuge bei Elektrifizierungslücken

Rüdiger Wendt, Mitglied im VDI-Fachbeirat Bahntechnik: „Antriebe mit Oberleitung sind im Bahnverkehr das Mittel der Wahl, weil sie am effizientesten sind. Doch überall da, wo es Lücken bei der Elektrifizierung gibt, bietet sich der Einsatz von Wasserstoffzügen und Batteriefahrzeugen an.“ Bei Batteriefahrzeugen wird der Fahrdraht direkt für die Versorgung des Antriebs verwendet. Gleichzeitig wird die Batterie während der Fahrt und im Stillstand darüber geladen. Falls keine Oberleitung verfügbar ist können auch Ladestationen verwendet werden. Die aktuellen Modelle haben eine Reichweite von bis zu 120 Kilometern, je nachdem wie die topologischen und betrieblichen Randbedingungen sind. Wendt ergänzt: „Batteriefahrzeuge haben den Nachteil, dass ihre Reichweite begrenzt ist und die erforderliche Ladezeit betrieblich sinnvoll und zuverlässig realisiert werden muss. Bestenfalls erfolgt die Ladung in Fahrt. Bei längeren fahrleitungsfreien Abschnitten sind daher Wasserstoff-Brennstoffzellenfahrzeuge vorteilhafter.“

Tobias Bregulla, Mitglied im VDE/VDI-Fachausschuss Wasserstoff und Brennstoffzellen: „Bei dieser Technologie wird Wasserstoff mit Luftsauerstoff in elektrische Energie umgewandelt und diese dann für den Antrieb genutzt. Neben Wasser entsteht als Nebenprodukt Wärme, die energiesparend sogar zum Heizen des Fahrgastraums bei kühlen Temperaturen genutzt werden kann. Derzeit setzen die am Markt verfügbaren Fahrzeugmodelle auf komprimierten gasförmigen Wasserstoff und erzielen Reichweiten von bis zu 1.000 Kilometern.“

Grüner Wasserstoff als begehrter Energieträger

Allerdings gibt Bregulla zu bedenken, dass sogenannter grüner Wasserstoff wegen des wachsenden Interesses auch anderer Sektoren ein sehr begehrter Energieträger ist. Dies spräche dafür, dass der Schienenverkehr langfristig seinen Bedarf auch mit eigenen Erzeugungseinheiten decken sollte. Der Einsatz eigener Elektrolyseure könnte hierfür die Basis bieten. Hierdurch würde sich die Wettbewerbsfähigkeit von grünem Wasserstoff im Schienenverkehr deutlich verbessern.

Insgesamt sehen VDI und VDE angesichts der politischen Zielvorgaben große Potenziale für die innovativen Antriebstechnologien auf nicht- oder teilelektrifizierten Strecken. Wenn bei einer Erweiterung des Streckennetzes im Regionalverkehr durch Neubau oder Reaktivierung wirtschaftliche oder technische Gründe gegen den Bau einer Oberleitung sprechen, können die neuen Technologien mit Blick auf den Lebenszyklus eine emissionsfreie und wirtschaftliche Alternative darstellen.

VDI als Gestalter der Zukunft

Seit mehr als 165 Jahren gibt der VDI wichtige Impulse für den technischen Fortschritt. Mit seiner einzigartigen Community und seiner enormen Vielfalt ist er Gestalter, Wissensmultiplikator, drittgrößter technischer Regelsetzer und Vermittler zwischen Technik und Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Er motiviert Menschen, die Grenzen des Möglichen zu verschieben, setzt Standards für nachhaltige Innovationen und leistet einen wichtigen Beitrag, um Fortschritt und Wohlstand in Deutschland zu sichern. Der VDI gestaltet die Welt von morgen – als Schnittstelle zwischen Ingenieur*innen, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. In seinem einzigartigen multidisziplinären Netzwerk mit mehr als 135.000 Mitgliedern bündelt er das Wissen und die Kompetenzen, die nötig sind, um den Weg in die Zukunft zu gestalten.

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Der VDE, eine der größten Technologie-Organisationen Europas, steht seit mehr als 125 Jahren für Innovation und technologischen Fortschritt. Als einzige Organisation weltweit vereint der VDE dabei Wissenschaft, Standardisierung, Prüfung, Zertifizierung und Anwendungsberatung unter einem Dach. Das VDE Zeichen gilt seit mehr als 100 Jahren als Synonym für höchste Sicherheitsstandards und Verbraucherschutz.

VDI (Verein Deutscher Ingenieure e.V.)
VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.)

Text: VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.

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