Zielgerichtete Maßnahmen durch aktives Energiemanagement
Der Gebäudesektor ist ein Bereich mit dem größten Anteil an fossilen Energien und verfehlt laut dem Expertenrat der Bundesregierung auch zukünftig die Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen.1)
Nach dem aktuellen dena-Gebäudereport 2024 2) werden noch fast 80% der Gebäudewärme durch Gas oder Öl erzeugt. Die Sanierungsquote hat mit 0,72% sogar einen neuen Tiefpunkt erreicht.3) Neben den nationalen Zielen wurde auch auf EU-Ebene kürzlich die Novelle der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD 04/2024) vorgelegt, die ebenso verpflichtend für alle Mitgliedsstaaten ist.4) Interessant in dem Zusammenhang ist allerdings, dass seitens der EU keine spezifischen Maßnahmen vorgeschrieben sind. Bei Wohngebäuden wird die Reduktion des Primärenergiebedarfs um 16% bis 2030 im Vergleich zu 2020 vorgeschrieben, bei den Nichtwohngebäuden sind etwas striktere Vorgaben einzuhalten.
Klar ist: Es braucht ein breiteres Spektrum an Maßnahmen als die üblicherweise empfohlene Sanierung mit Wärmepumpe. Trotz vielfältiger Förderprogramme überschreitet vor allem die Sanierung auch schon bei kleinen Mehrfamilienhäusern einen vernünftigen Kostenrahmen.
Energieeffizienz im Gebäudebestand als Schlüssel
Wenig Aufmerksamkeit bekommen bisher die Optimierungspotentiale von bestehenden Heizungsanlagen. Raumwärme und Warmwasser stellen mit 85% den mit Abstand größten Energieverbrauch im Wohnbereich.
Die Studie „Wert der Effizienz im Gebäudesektor in Zeiten der Sektorenkopplung“ vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu), dem Fraunhofer IEE und der Consentec GmbH aus 2018 unterstreicht die zentrale Bedeutung, Gebäude möglichst effizient zu betreiben, um den Umstieg auf erneuerbare Energien zu erleichtern und auch deutlich günstiger zu realisieren.6)
Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) die „Einsparpotentiale aus der Optimierung von Heizungsanlagen in Wohngebäuden“ nach unterschiedlichen Ansätzen zusammengefasst und bewertet.7) Im Ergebnis wurde unter anderem deutlich, dass eine weitaus höhere Energieeffizienz durch den Einsatz eines umfassenden Energiemanagements in Gebäuden erreicht werden kann. Beziffert wird das Potential beispielsweise bis zu 37 % Energieeinsparungen im Gebäudesektor durch Smart Home und intelligente Gebäudevernetzung.
Zusätzlich zu den unmittelbaren Energieeinsparungen bildet diese Vorgehensweise auch eine ideale Brücke zum Umstieg auf erneuerbare Energien, da die benötigte Heizleistung im Gebäude durch die Optimierung bereits deutlich reduziert ist.
Aktives Energiemanagement
Häufig wird unter Energiemanagement nur das Erfassen von Energieverbrauchsdaten verstanden. Bei industriellen Anlagen ist Energiemanagement ein laufender und aktiver Prozess, der die aggregierten Daten analysiert und die Energieeffizienz immer weiter optimiert.
Im Gebäudesektor und speziell im Bereich Heizung ist diese Vorgehensweise jedoch nicht etabliert. In aller Regel laufen Heizungsanlagen nach der Installation teils Jahrzehnte mit den gleichen Einstellungen weiter, der laufende Betrieb wird weder überwacht noch laufend optimiert.
Die Wärmeerzeugung für Heizung und Warmwasser lässt sich unabhängig von der vorhandenen Technik sehr gut mit zusätzlicher Sensorik voll automatisieren und an ein Energiemanagement anbinden. Das ist auch bei größeren Liegenschaften meist schon vollkommen ausreichend, um die zuvor genannte Einsparpotentiale zu nutzen. Aktiv wird ein Energiemanagement dann, wenn es auch regelnd in die bestehende Technik eingreifen kann. Das ist in aller Regel auch bei älteren Heizsystemen problemlos machbar.
Zielgerichtete Maßnahmen
Im Gegensatz zu herkömmlichen fossilen Heizungen arbeiten alle regenerativen Wärmequellen umso effizienter, je genauer sie auf die tatsächlich benötigte Heizlast eines Gebäudes abgestimmt sind. Zudem sind die maximale Leistung und möglichst geringe Systemtemperaturen des neuen Heizungssystems ein entscheidender Kostenfaktor in der Anschaffung. All diese Faktoren können jedoch schon durch die Optimierung der bestehenden Heizungsanlage genau ermittelt werden.
Das angebundene Energiemanagement wird zum ständigen Begleiter für alle weitergehenden Maßnahmen. Ob es um die Auswahl einer passgenauen regenerativen Heizung geht oder darum, welche Sanierungsmaßnahmen energetisch tatsächlich sinnvoll sind, über die aufgezeichneten Daten im Energiemanagement lassen sich diese Fragen exakt beantworten. Auch kann ermittelt werden, ob eine Hybridanlage, beispielsweise bestehend aus Wärmepumpe für die Grundlast und einem herkömmlichen Spitzenlastkessel, unter Umständen zielführender ist als eine notwendige Grundsanierung des gesamten Gebäudes, um nur mit einer Wärmepumpe auszukommen.
Ein weiterer Vorteil in einem solchen schrittweisen Verfahren ist es, dass der Effekt aller Einzelmaßnahmen sehr genau überprüft und beziffert werden kann. Gerade bei größeren und komplexen Anlagen ergibt sich so ein sehr gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis der Gesamtinvestition.
Über den Autor
Bernhard Ulbrich hat sich als gelernter Elektromechaniker im Fachbereich Energie- und Regeltechnik und als Bereichsleiter Softwareentwicklung mit über 20 Jahren Berufserfahrung früh auf eine enge Verzahnung von Gebäudetechnik und IT-Systemen spezialisiert. 2020 gründete er die Firma AIControl GmbH in München, unter deren Dach in Kooperation mit führenden Technologiepartnern Energiemanagementlösungen für Bestandsgebäude entwickelt und realisiert werden. Zum Portfolio gehören mittlerweile auch einfach nachzurüstende Komponenten für Ein- und Mehrfamilienhäuser.
Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.aicontrol.eco
AIControl GmbH
Erlbachstr. 11, 81249 München
Telefon: +49 89 9545 9167
Mail: info@aic.eco
Webseite: www.aicontrol.eco
Quellenangaben:
1) Expertenrat für Klimafragen (ERK), 06/2024, Link
2) Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), 11/2023, Link
3) Bauverlag BV GmbH, 10/2023, Link
4) Europäische Kommission, 04/2024, Link
5) Statistisches Bundesamt (Destatis), 12/2022, Link
6) ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH, 11/2018, Link
7) Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, 12/2022, Link