Im Gespräch mit Hendrik Zech,
Teilnehmer der „100km gegen MS-Wanderung“:
Die Idee
Meine eigene Diagnose 2018 brachte große Zukunftsängste und die persönliche Bewältigung hat mich in meiner beruflichen Ausbildung zurückgeworfen. Die Krankheit war allerdings auch ein Weckruf zur Achtsamkeit und einem bewussteren Leben.
Im diesjährigen September hat sich dieses Ereignis zum fünften Mal gejährt und ich wollte das negative Zukunftsvorzeichen, das mich seitdem begleitet, umdrehen, indem ich es zum Anlass nehme, einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen.
Gesellschaftliche Bedeutung der Multiplen Sklerose
Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark umfasst und meist im frühen Erwachsenenalter beginnt. Die Krankheit lässt noch viele Fragen unbeantwortet und ist in Verlauf, Beschwerdebild und Therapieerfolg von Patient zu Patient so unterschiedlich, dass sich allgemeingültige Aussagen nur bedingt machen lassen. Aus diesem Grund ist MS auch als „Krankheit mit den 1000 Gesichtern“ bekannt.
Schätzungen zufolge leben weltweit ca. 2,8 Millionen Menschen mit MS. Die Verteilung ist nicht gleichmäßig: Die Erkrankungshäufigkeit steigt mit der geografischen Entfernung vom Äquator an. In Deutschland leben nach neuen Zahlen des Bundesversicherungsamtes mehr als 280.000 MS-Erkrankte. Jährlich wird bei mehr als 15.000 Menschen MS neu diagnostiziert. Frauen erkranken etwa doppelt so häufig wie Männer. Die Erkrankung wird in der Regel zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr festgestellt – mit geringerer Häufigkeit tritt sie aber auch schon im Kindes- und Jugendalter auf. Erstdiagnosen nach dem 60. Lebensjahr sind selten.
Das Ziel
Ich habe schon immer viel Sport gemacht, aber durch die Diagnose hat es einen völlig neuen Stellenwert bekommen. Es gibt klaren wissenschaftlichen Konsens über die positive Wirkung, die Bewegung für die physische und mentale Gesundheit hat. Für mich ist es aber vor allem ein Mittel, um mir selbst zu demonstrieren, dass ich mich von der Krankheit nicht unterkriegen lasse. Dieses Gefühl möchte ich weitergeben. Schließlich betrifft Verschleiß durch Krankheit und Altern jeden von uns.
Mit meiner Kampagne ‚100km gegen MS‘ und den zahlreichen Wanderungen von jeweils 25km-60km konnte ich schon jetzt viel Aufmerksamkeit für das Thema erzeugen. Überwältigend viele ‚Mitmarschierende‘, aber Passanten, die es durch Zufall gesehen haben, sind wegen des Schilds auf mich zugekommen und erzählten mir von MS-Diagnosen in ihrem direktem Umfeld, ein paar waren auch selbst betroffen. Es waren Unterhaltungen, die sehr schnell sehr privat geworden sind – und das, obwohl man sich ja gar nicht kannte. Mir ist dadurch deutlich geworden, dass das Thema viele Leute betrifft, auch wenn man es auf den ersten Blick gar nicht sehen kann.
Stand 01.11.23 konnte ich 4.350€ von mehr als 200 Spendenden sammeln und innerhalb meiner Kampagne sind bis zum kommenden Jahresende noch viele Aktivitäten geplant. Ich hoffe für die MS-Forschung, dass dieser Beitrag bis dahin noch weiter wachsen wird.
Jetzt spenden: www.dmsg.de/spenden-helfen
Der Empfänger: Der DMSG Bundesverband
Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. ist 1952 als Zusammenschluss medizinischer Fachleute gegründet worden. Forschung über die Ursachen und die wirksame Bekämpfung von MS ist eines der wichtigsten Anliegen der DMSG. Denn noch immer ist MS eine unheilbare Krankheit. Aus diesem Grund unterstützt und fördert der DMSG-Bundesverband die Grundlagenforschung und aussichtsreiche Forschungsprojekte, um neue Behandlungsmethoden der MS möglichst frühzeitig aufzuspüren. Ziel ist, die Forschung so weit voranzutreiben, dass MS immer besser behandelt werden kann.
Was genau wird erforscht?
Fatigue ist ein häufiges, je nach Erhebung sogar das häufigste benannte Symptom der MS und kann in allen Stadien der MS inkl. dem Prodromalstadium auftreten. Sie betrifft die körperliche (physische/motorische Fatigue) als auch die geistige Leistungsfähigkeit (kognitive Fatigue) und führt bei Betroffenen zu enormen Einschränkungen im täglichen Leben. Ätiologie sowie Pathogenese des Symptoms sind nicht vollständig verstanden, geschweige denn das Wissen über Suszeptibilität für bzw. Resilienz gegen Fatigue und deren Grundlagen. Erfolgt eine Diagnostik der Fatigue, sind aktuellen Zahlen zufolge ca. 70% der Betroffenen diesbezüglich unbehandelt. Hinzu kommt in dem Bereich die Limitation an Behandlungsmöglichkeiten, sodass in Bezug auf die Fatigue bei MS ein großer „unmet medical need“ (unerfüllter medizinischer Bedarf) festzustellen ist. Im Rahmen der Ausschreibung sollen Forschungen zu Fatigue der MS gefördert werden, um einerseits unser Wissen zur Ätiologie und Pathogenese zu erweitern und andererseits die Weiterentwicklung von Diagnostik und Therapie voranzubringen.
Text: Hendrik Zech & Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V.